Pflanzen dienen schon seit Jahrtausenden nicht nur als Nahrungsmittel. Ob Baumwolle, Flachs oder Leinen – die festen Strukturen von Pflanzenfasern bieten sich auch zur Herstellung von Stoffen an. In den letzten Jahren hat sich der Markt diesbezüglich stark erweitert: Socken aus Bambus, T-Shirts aus Holz oder Hanf. Mittlerweile ein weiterer wichtiger Rohstoff für die nachhaltige Kleidungsproduktion sind Ananasblätter. Aus diesen lassen sich nicht nur Schuhe, Taschen und Kleidungsstücke herstellen, sondern auch Möbel beziehen.
Entdeckt wurde die vegane Lederalternative von Dr. Carmen Hijosa, die mit ihrer Idee und ihrem Engagement deutlich zur Entwicklung der Slow Fashion-Bewegung der letzten Jahre beigetragen hat. Während einer Reise auf die Philippinen wurde ihr bewusst, dass Ananasblätter, die dort in Hülle und Fülle zur Verfügung standen, eine gute Alternative zur Lederherstellung darstellen könnten. Zuvor war sie für die Lederindustrie tätig und wusste um die Umweltauswirkungen durch die Herstellung des Materials.
2010 gründete sie die Firma Ananas Anam in London. Da die Unternehmerin keine Investoren fand, nahm sie für die Pinatex-Herstellung und die globale Etablierung des Materials einen Kredit auf ihr Haus auf. Der mutige Einsatz lohnte sich. Heute betreuen die Gründerin und ihr Team über 8000 Kunden aus aller Welt. Unter diesen finden sich Luxusmarken wie Hugo Boss, die Hilton Hotelgruppe und Fashion-Riesen wie H&M.
Das Material entsteht aus einem Abfallprodukt der Ananasernte, womit die Pinatex-Herstellung zum für die Umwelt so wichtigen Upcycling beiträgt. Das Rohmaterial stammt aus den Ländern, in denen die Ananas als Nahrungsmittel angebaut wird. Ganz vorn mit dabei sind die Philippinen, wo die langen Fasern aus den Blättern extrahiert werden. Die nach diesem Prozess übrigbleibenden Reste dienen als Biodünger für die Felder. Wenn die Fasern gewonnen sind, werden sie gewaschen und getrocknet. Für die Herstellung von 1 Quadratmeter Pinatex sind 480 Blätter nötig. Um die Haltbarkeit des Materials zu erhöhen, werden die Fasern im Anschluss genau wie Leder gegerbt und mit einem Harz auf Erdölbasis versiegelt.
Anders als Baumwolle, Hanf oder Leinen müssen die Ananaspflanzen nicht extra angebaut werden, um die Fasern zu gewinnen. Es handelt sich vielmehr um ein Abfallprodukt, das sinnvoll weiterverarbeitet wird. Somit sind für die Pinatex-Herstellung keine Anbauflächen, kein zusätzliches Wasser und keine Pflanzenschutzmittel nötig, was die Ananasfaser zu einem besonders nachhaltigen Material macht.
Pinatex erinnert bezüglich der Haptik und der Pflegeigenschaften an tierisches Leder. Das Material ist weich, flexibel und atmungsaktiv. Da Pinatex bedruckt und genäht werden kann, eignet sich der Stoff sowohl für Kleidung, Schuhe und Taschen als auch für Möbel. Weitere pflanzliche Alternativen zu Leder sind Apfelleder, Pilzleder, Blattleder und Korkstoff. Bei keiner der nachhaltigen Alternativen müssen Tiere leiden.
Produkte, die aus der Pinatex-Herstellung hervorgehen, brauchen eine ähnliche Pflege wie das Substitutionsprodukt Leder. Schuhe, Jacken und Taschen aus Pinatex sollten du vor dem Gebrauch und danach in regelmäßigen Abständen mit einem Wachs behandeln. Das Einwachsen schützt das Material nicht nur vor dem Austrocknen, es verleiht den Produkten auch eine weiche Patina und damit eine angenehme Haptik. Am besten nimmst du dazu ein weiches Tuch zur Hand und bewahrst das Kleidungsstück, die Tasche oder die Schuhe im Anschluss für 24 Stunden an einem warmen Ort auf. Sollte es einmal zu Verschmutzungen kommen, bietet sich die Reinigung mit einem weichen, feuchten Tuch an. Produkte aus der Pinatex-Herstellung sind damit eine vegane, nachhaltige Alternative zu Leder, die zudem keine aufwendige Pflege benötigen.